Artificial Intelligence35 min Lesezeit

Finetuning von KI-Modellen – Ein umfassender Guide

Felix Astner10.6.2025
Finetuning von KI-Modellen – Ein umfassender Guide
Umfassender Leitfaden zur Feinabstimmung von LLMs für Steuerberatung und Rechtsanwaltskanzleien mit technischen Details und strategischen Aspekten.

In diesem Beitrag erhalten Sie einen umfassenden Leitfaden zur Feinabstimmung (Fine-Tuning) von großen Sprachmodellen (LLMs) für die speziellen Anforderungen in Steuerberatung und Rechtsanwaltskanzleien. Der Artikel ist zweigeteilt: Zunächst richten wir uns an Entwickler mit technischen Details und praktischen Anleitungen (PyTorch & Unsloth), anschließend an Entscheider mit strategischen Aspekten, Potenzialen und Risiken.

Für Entwickler

Technische Grundlagen des Fine-Tunings von LLMs

Fine-Tuning bezeichnet das weitere Trainieren eines vortrainierten Sprachmodells auf eine spezialisierte Datenbasis, um dessen Verhalten anzupassen und mit neuem Wissen zu injizieren. Dabei werden die Modellgewichte mit Domain-spezifischen Beispielen aktualisiert, sodass das LLM für bestimmte Aufgaben oder Branchen präzisere Ergebnisse liefert. Ein bekanntes Beispiel ist ChatGPT: Hier wurde das Basismodell (GPT-4) durch Feintuning auf Anweisungen optimiert und so zu ChatGPT-4 weiterentwickelt. Domänenspezifisches Fine-Tuning kann ein Modell befähigen, z. B. juristische Texte besser zu verstehen und Rechtsfälle oder Steuerfragen kompetent zu beantworten. Im Gegensatz zu Prompt Engineering (wo durch ausgeklügelte Eingabeaufforderungen versucht wird, ein generisches Modell zu steuern) lernt ein feinjustiertes Modell interne Zusammenhänge und Fachsprache dauerhaft – es "internalisiert" also das Expertenwissen der Trainingsdaten.

Beim Fine-Tuning unterscheidet man grob zwei Ansätze: Vollständiges Fine-Tuning (alle Modellparameter werden angepasst) und Parameter-Efficient Fine-Tuning (PEFT), bei dem nur ein kleiner Teil der Gewichte trainiert wird. Letzteres umfasst Techniken wie Low-Rank Adaptation (LoRA) und Quantized LoRA (QLoRA), die speziell bei sehr großen Modellen den Ressourcenbedarf drastisch senken. LoRA z. B. friert die ursprünglichen Gewichte ein und fügt pro Schicht kleine Adapter-Matrizen hinzu, die während des Trainings gelernt werden. Dadurch bleiben die allgemeinen Sprachfähigkeiten des Basismodells erhalten, während die neuen LoRA-Gewichte das erlernte Fachwissen aufnehmen – mit wesentlich geringerem Speicherbedarf als ein Volltuning. QLoRA kombiniert dieses Prinzip mit einer aggressiven Quantisierung (z. B. 4-Bit), sodass selbst Modelle mit Milliarden Parametern auf einer einzelnen GPU trainiert werden können, mit nur geringem Genauigkeitsverlust von ca. 1–2 %.

Diese modernen Methoden machen Fine-Tuning praktikabel: Unsloth beispielsweise berichtet von 2–5× schnellerem Training und bis zu 80 % weniger VRAM-Nutzung im Vergleich zu herkömmlichen Ansätzen. Gerade für unsere Zwecke – die Spezialisierung von Sprachmodellen auf juristische oder steuerliche Inhalte – ist Fine-Tuning also der Schlüssel, um ein "Generalist"-Modell in einen Experten zu verwandeln, der Fachterminologie versteht und adäquate, konsistente Ausgaben im gewünschten Format liefert.

Voraussetzungen: Hardware, Datenformate, Annotationen, Datenschutz

Für ein erfolgreiches Fine-Tuning müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Hardware & Infrastruktur: Da LLM-Fine-Tuning rechenintensiv ist, wird eine leistungsfähige NVIDIA-GPU vorausgesetzt (CUDA Compute Capability ≥ 7.0, d. h. ab NVIDIA Turing/Volta oder neuer). Unsloth unterstützt offiziell nur NVIDIA GPUs (Linux oder Windows) – andere Plattformen wie AMD oder Apple M-Serien sind derzeit außen vor. Der Grafikspeicherbedarf (VRAM) hängt stark von Modellgröße und Methode ab. Durch 4-Bit-Quantisierung (QLoRA) lässt er sich drastisch reduzieren: Ein 7-Milliarden-Parameter-Modell benötigt in 4-Bit nur ca. 5 GB VRAM, während es in Standard-16-Bit (LoRA ohne Quantisierung) etwa 19 GB erfordert. Größere Modelle skaliert dies entsprechend hoch – z. B. ein 70B-Modell etwa 41 GB (4-Bit) vs. 164 GB (16-Bit). In der Praxis bedeutet das: Für mittlere Modelle (bis ~13B) reicht eine einzelne GPU mit ~8–24 GB VRAM aus, sofern man QLoRA einsetzt. Wichtig ist auch ausreichend Speicherplatz auf dem Laufwerk für Zwischenergebnisse und das gespeicherte Modell. Falls Sie lokal fine-tunen, achten Sie auf eine passende CUDA- und PyTorch-Version. Es empfiehlt sich, ein isoliertes Python-Umfeld (z. B. via `venv` oder Conda) aufzusetzen, um Abhängigkeitskonflikte zu vermeiden. Prüfen Sie vorab, welche PyTorch-Version mit Ihrer CUDA-Version harmoniert und von Unsloth unterstützt wird.

  • Datenformate & Annotation: Eine solide Trainingsdatengrundlage ist das A und O. Die Daten sollten idealerweise in strukturiertem Format wie CSV, JSON, Parquet oder einem ähnlichen Schema vorliegen – diese Formate werden von Hugging Face Datasets problemlos unterstützt. Für das Fine-Tuning von Sprachmodellen im juristischen/steuerlichen Bereich bieten sich typischerweise Frage-Antwort-Paare oder prompt-basierte Dialoge an. So könnte ein Eintrag z. B. aus einer Mandantenfrage und der Experten-Antwort bestehen. Wichtig ist eine konsistente Formatierung: Man kann etwa festlegen, dass jedes Trainingsexempel im Textfeld die Form "`Frage: ... Antwort: ...`" hat. Solche Vorlagen (Prompts) helfen dem Modell, während des Trainings zu lernen, nach dem Stichwort "Antwort:" die passende Lösung zu generieren. Achten Sie darauf, am Ende jeder Antwort einen End-of-Sequence-Token (`<eos>`) einzufügen, damit das Modell bei der Generierung weiß, wann es stoppen soll. Die Erstellung der Trainingsdaten erfordert oft Annotation durch Fachexperten: Stellen Sie sicher, dass alle Antworten inhaltlich korrekt, aktuell und präzise formuliert sind. Fehler oder Ungenauigkeiten in den Daten wirken sich direkt auf das Modell aus ("Garbage in, garbage out"). Besonders in juristischen Dokumenten können Begriffsnuancen entscheidend sein – falsche Labels (z. B. ein falsch zugeordnetes Urteil) oder unklare Fragen können das Modell fehlleiten. Investieren Sie daher Zeit in die Datenqualität: Entfernen Sie Rauschen, korrigieren Sie Inkonsistenzen und stellen Sie genügend Beispiele für jede relevante Thematik bereit.

  • Datenschutz & Compliance: In steuerlichen und juristischen Anwendungsfällen sind die Trainingsdaten häufig hochsensibel (Mandantendaten, vertrauliche Verträge, personenbezogene Informationen). Daher hat Datenschutz oberste Priorität. Vor dem Fine-Tuning sollten alle personenbezogenen Daten möglichst anonymisiert oder pseudonymisiert werden, sofern keine ausdrückliche Einwilligung zur Nutzung vorliegt. Prüfen Sie, ob die Verwendung der Daten im Rahmen des Fine-Tunings mit regulatorischen Vorgaben (z. B. DSGVO in der EU) vereinbar ist. Idealerweise führen Sie das Training on-premises bzw. in einer gesicherten Umgebung durch, anstatt Daten in eine fremde Cloud zu laden. Die Datenhoheit bleibt so bei Ihnen, was gerade Kanzleien mit strikten Vertraulichkeitsauflagen entgegenkommt. Unsloth und vergleichbare Tools machen es möglich, Fine-Tuning komplett lokal durchzuführen – nutzen Sie diese Chance, um Compliance-Risiken zu minimieren. Ferner sollten Geheimhaltungsvereinbarungen mit evtl. externen Dienstleistern geprüft werden, falls Sie Unterstützung beim Training einholen. Beachten Sie auch, dass ein feinjustiertes Modell Teile seines Trainingswissens in den Parametern speichern kann. Theoretisch besteht ein Restrisiko, dass es wörtliche Auszüge aus vertraulichen Dokumenten ausgibt, wenn es dazu aufgefordert wird. Dem beugen Sie durch sorgfältiges Training (Vermeidung von Überanpassung) und Tests vor. Insgesamt gilt: Datenschutz muss in jedem Schritt – von der Datenbeschaffung über die Speicherung bis zur Modellnutzung – mitgedacht werden.

Verwendung von PyTorch und Unsloth (Setup, Codebeispiele, Tipps)

Unsloth ist ein Fine-Tuning-Toolkit, das auf HuggingFace Transformers/PyTorch aufsetzt und zahlreiche Optimierungen mitbringt. Es vereinfacht den Prozess, indem es vorgefertigte Modelle, Trainer-Klassen und Helfer-Funktionen anbietet, die speziell für effizientes LLM-Fine-Tuning konzipiert sind. Im Kern nutzen wir jedoch weiterhin die PyTorch- bzw. HF-üblichen Mechanismen – Unsloth nimmt uns nur viel Konfigurationsaufwand ab.

Installation & Setup: Nachdem die Python-Umgebung bereit ist (siehe oben), installieren Sie Unsloth via pip. Wichtig: Die Version von Unsloth muss mit Ihrer PyTorch-Version harmonieren. Im Zweifel orientieren Sie sich an den Empfehlungen in der Unsloth-README und installieren PyTorch in einer Version, die vom Toolkit unterstützt wird. Unter Linux kann ein Kombinationskommando etwa so aussehen (Beispiel für PyTorch 2.5.0 mit CUDA 12.1):

pip install torch==2.5.0+cu121 torchvision==0.16.0+cu121 -f https://download.pytorch.org/whl/torch_stable.html
pip install unsloth

(Hinweis: Genaue Versionsstände können variieren – prüfen Sie die Unsloth-Dokumentation für aktuelle Hinweise.)

Unter Windows erfolgt die Installation analog, erfordert aber ggf. zusätzliche Schritte (wie das Installieren von Build Tools für eventuelle Abhängigkeiten). Für erste Experimente bietet das Unsloth-Team auch Colab-Notebooks an, die den kompletten Ablauf abbilden – das kann für Einsteiger hilfreich sein.

Laden eines Modells: Unsloth stellt über seine API bereits gängige Modelle bereit. Nach dem Import:

import unsloth

kann man ein Modell laden, z. B. Metas Llama 3.2 1B:

model_name = "meta-llama/Llama-3.2-1b"  # Beispielname
model = unsloth.AutoModelForCausalLM.from_pretrained(model_name, quantize=True, use_4bit=True)

Dieser (fiktive) Code demonstriert, wie ein Basismodell in 4-Bit-Quantisierung geladen werden könnte. Tatsächlich bietet Unsloth optimierte Versionen vieler populärer LLMs – oft sowohl als Base-Variante (reines vortrainiertes Modell) als auch als Instruct-Variante (bereits auf Anweisungen/Dialogsituationen abgestimmt). Für unser Fine-Tuning im juristischen Umfeld ist es oft sinnvoll, auf einem Basis-Modell aufzusetzen, das noch keine instruktionstuningspezifischen Eigenheiten hat. So können wir das Modell vollständig mit unserer Fachdomäne prägen. In anderen Fällen (etwa wenn nur wenige Domänendaten vorliegen) kann es hilfreich sein, ein bereits instruktion-feinjustiertes Modell zu nehmen, da dieses bereits gelernt hat, allgemein Anweisungen zu befolgen – man benötigt dann u. U. weniger Beispiele, um es auf die spezielle Aufgabe zu trimmen.

Konfiguration der Fine-Tuning-Parameter: Unsloth verwendet unter der Haube den HuggingFace Trainer oder kompatible Mechanismen. Wichtige Hyperparameter können entweder per Code oder über eine Konfigurationsdatei gesetzt werden. Standardmäßig wählt Unsloth vernünftige Defaults, mit denen Einsteiger selten falsch liegen. Dennoch lohnt ein Blick auf zentrale Stellschrauben:

  • LoRA Rank (`r`) – bestimmt die Dimension der LoRA-Adaptermatrizen. Größeres `r` erhöht die Kapazität, aber auch VRAM-Verbrauch und Overfitting-Gefahr. Typische Werte liegen bei 8, 16, 32… Unsloth empfiehlt 8–16 für schnelle Läufe und höchstens 64+ für sehr anspruchsvolle Aufgaben.

  • Ziel-Module (`target_modules`) – legt fest, welche Schichten des Modells LoRA-Adapter erhalten. Per Voreinstellung werden alle wichtigen Gewichtsmatrizen (Q, K, V, O Projektionen etc.) mit Adaptern versehen. Das sollte meist beibehalten werden, da das Auslassen von Modulen zwar Speicher spart, aber die Lernfähigkeit einschränkt.

  • Lernrate (`learning_rate`) – z. B. `2e-4` standardmäßig. Für feinere Justierungen kann eine kleinere Lernrate (`1e-4` oder `5e-5`) genutzt werden, insbesondere wenn das Modell bereits sehr nah an der Ziellösung ist und man Überschwingen vermeiden will.

  • Batch-Größe & Gradient Accumulation – Die Batchgröße pro Gerät steht defaultmäßig auf 2, was auf GPUs mit begrenztem Speicher hilfreich ist. Ist mehr VRAM verfügbar, kann man die Batchsize erhöhen. Alternativ lässt sich mit `gradient_accumulation_steps` (z. B. 4) arbeiten, um effektiv einen größeren Batch über mehrere Schritte zu simulieren, ohne den Speicher zu sprengen.

  • Epochen/Steps (`num_train_epochs` / `max_steps`) – Fine-Tuning erfordert oft weniger Epochendurchläufe als man vermutet. Schon 1–3 Epochen über die Daten können genügen, um deutliche Verbesserungen zu erzielen, insbesondere wenn das Basismodell bereits gut vortrainiert ist. Unsloth setzt standardmäßig eine geringe Step-Anzahl (z. B. 60 Schritte in Beispielen) für schnelle Tests, empfiehlt für ernsthaftes Training aber 1–3 Epochen und ggf. Early Stopping, um Überanpassung zu vermeiden.

  • Dropout (`lora_dropout`) – Kann genutzt werden, um Overfitting etwas entgegenzuwirken, indem zufällig Teile der Adapter während des Trainings deaktiviert werden. Unsloth optimiert aber für Geschwindigkeit und setzt diesen Wert standardmäßig auf 0 (kein Dropout), da der Effekt in vielen Fällen gering ist.

  • Evaluation während des Trainings – Über Parameter wie `eval_steps` und `evaluation_strategy` kann festgelegt werden, ob und wie oft während des Trainings auf einem Validierungssatz evaluiert wird. Bei kleinen Datensätzen oder begrenzter Zeit wird dies oft deaktiviert oder nur jede Epoche durchgeführt. Für unsere Zwecke reicht es meist, am Ende zu prüfen, ob das Modell die gewünschten Ergebnisse liefert (dazu im nächsten Abschnitt mehr).

In der Praxis könnten Sie einen Trainingslauf wie folgt starten (Pseudocode):

trainer = unsloth.Trainer(
    model=model,
    train_dataset=train_dataset,
    eval_dataset=val_dataset,
    format_func=format_sample,  # Funktion zum Formatieren der Daten (siehe unten)
    args=TrainingArguments(
        output_dir="./model-checkpoints",
        per_device_train_batch_size=2,
        gradient_accumulation_steps=4,
        num_train_epochs=2,
        learning_rate=2e-4,
        evaluation_strategy="epoch",
        logging_strategy="steps",
        logging_steps=50,
        save_strategy="epoch",
        save_total_limit=2,
        load_best_model_at_end=True,
        metric_for_best_model="loss"
    )
)
trainer.train()

Hier haben wir beispielhaft einige sinnvolle Einstellungen kombiniert: Kleine Batchgröße mit Gradient Accumulation, 2 Epochen, regelmäßiges Logging und pro Epoche ein Checkpoint (max. 2 werden behalten, inkl. des besten auf Basis des Validierungs-Loss). Diese Parameter sollten natürlich an Ihr Problem angepasst werden.

Tipps & Tricks: Während des Trainings überwachen Sie den Loss-Verlauf. Ein allmählich sinkender Loss, der sich etwa im Bereich 0.5–1.0 einpendelt, ist ein gutes Zeichen – extrem niedrige Werte (gegen 0) deuten auf potenzielles Overfitting hin. Sollten Sie auf Out-of-Memory (OOM)-Fehler stoßen, reduzieren Sie als Erstes die Batchgröße (ggf. bis auf 1). Unsloth nutzt standardmäßig Techniken wie Gradient Checkpointing und optimierte Kernels (z. B. `xformers` und `bitsandbytes`) im Hintergrund, um Speicher zu sparen, doch die Batchgröße bleibt der größte Hebel. Eine weitere Stellschraube ist die Sequenzlänge: Wenn Ihr Anwendungsfall keine extrem langen Eingabetexte erfordert, beschränken Sie `max_seq_length` bzw. `context_length` auf einen vernünftigen Wert (z. B. 1024 Token), um Ressourcen zu sparen.

Abschließend sei erwähnt, dass Unsloth viele Routineaufgaben vereinfacht. So gibt es eine High-Level-API (z. B. `FastLanguageModel`), mit der das Fine-Tuning in wenigen Zeilen Code oder sogar rein über Kommandozeilen-Parameter gestartet werden kann. Gerade für erste Versuche lohnt es sich, einen Blick in die offiziellen Tutorials zu werfen. Sobald aber spezifischere Anpassungen nötig werden, ermöglicht die Kombination aus Unsloth und PyTorch die volle Flexibilität unter der Haube.

Datenbeschaffung und -aufbereitung im juristischen/steuerlichen Kontext

Die Beschaffung geeigneter Trainingsdaten für steuerliche oder juristische Anwendungsfälle ist eine Herausforderung – aber zugleich der entscheidende Faktor für den Erfolg des Fine-Tunings. Mögliche Datenquellen und Ansätze sind:

  • Interne Dokumente und Wissensbestände: Kanzleien und Beratungen verfügen meist über umfangreiche archivierte Unterlagen – etwa Schriftsätze, Gutachten, Vertragsvorlagen, interne Leitfäden, FAQ-Sammlungen zu Steuerfragen usw. Diese können sehr wertvoll sein. Beispielsweise lassen sich aus häufig gestellten Mandantenfragen und den schriftlichen Antworten der Experten Frage-Antwort-Paare generieren, die direkt als Trainingsbeispiele dienen. Ebenso könnten Protokolle von Beratungsgesprächen (nach Transkription) das Modell lehren, typische Dialoge zu führen. Wichtig ist hier, Qualität vor Quantität walten zu lassen: Nutzen Sie vorzugsweise Dokumente, die von hoher fachlicher Güte zeugen (beispielsweise intern freigegebene Textbausteine oder erprobte Vertragsklauseln), damit das Modell die best practices Ihrer Kanzlei lernt und nicht eventuelle Fehler oder veraltetes Wissen.

  • Öffentlich verfügbare Daten: Im juristischen Bereich gibt es eine Reihe öffentlicher Quellen, z. B. Gesetzestexte (im Bundesgesetzblatt, EUR-Lex etc.), Gerichtsurteile (teils in Datenbanken frei zugänglich), amtliche Anweisungen und Richtlinien, Kommentare und Lehrmaterialien. Auch im Steuerbereich existieren veröffentlichte Entscheidunssammlungen, BMF-Schreiben oder BFH-Urteile. Solche referenzierbaren Texte können genutzt werden, um das Modell mit dem richtigen Jargon und formalen Sprachstil vertraut zu machen. Allerdings sind diese Daten oft nicht im Frage-Antwort-Format. Hier kann man kreativ werden: Beispielsweise könnte man aus Gesetzeskommentaren künstliche Q&A generieren ("Frage: Was besagt § X zum Thema Y? – Antwort: …"). Oder man formuliert Checklisten aus Compliance-Dokumenten in Prompt-Form um. Ein Hinweis zur Lizenz: Stellen Sie sicher, dass Sie die rechtliche Erlaubnis haben, öffentliches Material für das Training zu verwenden – rein amtliche Werke sind gemeinfrei, bei Kommentaren oder Büchern ist Vorsicht geboten.

  • Annotierte Datensätze von Dritten: Im Bereich Legal NLP gibt es einige Forschungsdatensätze (etwa für Legal Question Answering, Case Law Retrieval usw.). Wenn verfügbar, können solche Benchmark-Daten eine nützliche Ergänzung sein, um das Modell vorab auf ein Grundniveau zu bringen. Beachten Sie aber, dass die Feinheiten nationalen Rechts oft spezielles Training erfordern – ein englischer Datensatz zur US-Rechtsprechung nützt für deutsches Steuerrecht wenig. Trotzdem können methodisch ähnliche Datensätze helfen, das Setup zu validieren, bevor man firmeneigene Daten einsetzt.

  • Manuelle Annotation / Expertenwissen einbinden: Oft wird es nötig sein, selbst Trainingsdaten zu erstellen. Das kann z. B. der Fall sein, wenn Sie möchten, dass das Modell bestimmte komplexe Aufgaben erledigt, für die es keine offenen Daten gibt (etwa das Bewerten von Vertragsklauseln nach Ihren firmeninternen Standards). In solchen Fällen setzen sich idealerweise Ihre Fachexperten (Steuerberater, Juristen) mit dem ML-Team zusammen und definieren exemplarische Eingaben und die gewünschte Ausgabe. Dieser Prozess ähnelt dem Erstellen von Schulungsfällen. Er ist aufwendig, kann aber sehr gezielt genau die Fähigkeiten vermitteln, die gebraucht werden. Denken Sie daran: Lieber 500 exzellente, praxisrelevante Beispiele, als 50.000 automatisch generierte, die nicht ins Schwarze treffen.

Datenaufbereitung: Nachdem die Rohdaten gesammelt sind, müssen sie ins passende Format gebracht werden. Wie oben beschrieben, ist ein konsistentes Prompt-Response-Format essentiell. Schreiben Sie ggf. Parser oder Skripte, um Ihre Datenquellen (z. B. CSV-Export einer Datenbank, Ordner voller Word-Dokumente) in strukturierte JSON/CSV umzuwandeln. Nutzen Sie die Hugging Face Datasets Library, um bequem mit den Daten zu arbeiten – sie ermöglicht es, lokale Dateien einzulesen und auch große Datenmengen zu verarbeiten. Ein typischer Workflow könnte so aussehen:

  1. Mapping der Rohdaten: Laden Sie z. B. eine CSV, die Spalten "Frage" und "Antwort" enthält, als Dataset. Schreiben Sie eine `format_example`-Funktion, die aus einem Eintrag einen kombinierten Text im gewünschten Template erzeugt (z. B. `"### Frage: {frage_text}\n### Antwort: {antwort_text}<eos>"`). Achten Sie auf die korrekte Einfügung des `<eos>`-Tokens am Ende.

  2. Datensplitting: Teilen Sie den Datensatz in einen Trainings- und Validierungsanteil (z. B. 80/20 Aufteilung), damit Sie später evaluieren können, wie gut das Modell generalisiert.

  3. Dataset vorbereiten: Wenden Sie die Formatierungsfunktion auf den gesamten Trainings- und Validierungssatz an (`dataset.map(format_example)` in HuggingFace Datasets). Das Ergebnis ist ein Datensatz mit einem neuen Feld, etwa `"text"`, das den vollständig formatierten Prompt+Antwort-String enthält. Das Modell wird darauf trainiert, diesen String fortzusetzen – es lernt also, nach dem Teil `"Antwort:"` die richtige Fortsetzung zu liefern.

  4. Tokenisierung: Unsloth bzw. der Trainer übernimmt im Hintergrund die Tokenisierung der Textdaten. Dennoch sollten Sie vor dem Training einmal prüfen, wie die formatierte Texteingabe aussieht (`print(dataset['train'][0]['text'])`), um sicherzugehen, dass alles wie gewünscht ist (korrekte Tokens, keine Tippfehler, sinnvolle Längen).

Bei juristischen Texten kann die Kontextlänge schnell zum Thema werden – Gesetze oder Verträge haben oft viele Abschnitte. Hier müssen Sie ggf. entscheiden, ob Sie das Modell wirklich ganze Dokumente am Stück verarbeiten lassen wollen (dann braucht es entsprechend große Kontextfenster, z. B. Modelle mit 4k oder 8k Token Kontext) oder ob Sie die Eingaben in kleinere Chunks aufteilen. Fine-Tuning mit sehr langen Eingabesequenzen ist technisch anspruchsvoller (mehr VRAM- und Zeitbedarf), aber Unsloth experimentiert bereits mit Long-Context-Unterstützung. Für die meisten Q&A-Anwendungen im Steuer- und Rechtsbereich reichen jedoch kurze Kontexte, da meist gezielt nach bestimmten Informationen gefragt wird.

Abschließend sei betont: Datenqualität schlägt Datenquantität. Eine der häufigsten Fallen beim Fine-Tuning ist "schmutzige" Daten zu verwenden. Bias und Fehler im Training reproduziert das Modell gnadenlos. Zum Beispiel, wenn in Ihren Trainingsdaten eine Klausel stets mit "Der Mieter ist verpflichtet..." beginnt, könnte das Modell geneigt sein, bei Vertragserstellung immer vom Mieter auszugehen, selbst wenn es um Vermieter-Perspektiven geht. Solche Muster gilt es zu erkennen und das Training ausgewogen zu gestalten. Prüfen Sie die Daten daher kritisch und holen Sie Feedback von Domänenexperten ein, ob die Inhalte sachlich richtig und relevant sind.

Evaluierung und Validierung des Modells

Nach dem Fine-Tuning stellt sich die Frage: Hat das Modell wirklich gelernt, was es lernen sollte? Um das festzustellen, sind Evaluierung und Validierung unverzichtbar:

  • Quantitative Bewertung: Falls Sie einen dedizierten Validierungssatz abgetrennt haben (empfohlen, z. B. 10–20 % der Daten), können Sie den Finetuning-Loss auf dem Validierungsset betrachten. Viele Trainer (inkl. HuggingFace Trainer) zeigen diesen an, sofern `evaluation_strategy` konfiguriert wurde. Ein niedriger Validierungs-Loss relativ zum Trainings-Loss deutet darauf hin, dass das Modell die Muster verallgemeinert hat. Ein stark ansteigender Validierungs-Loss während des Trainings wäre ein Overfitting-Indikator. Darüber hinaus sind automatische Metriken in offenen Textaufgaben schwierig – klassische Kennzahlen wie Accuracy oder F1 greifen nur, wenn es klare "richtige Antworten" gibt. In der Praxis verlässt man sich bei Language Models oft auf manuelle Bewertung der Antworten. Es gibt allerdings Ansätze, etwa den EleutherAI Language Model Evaluation Harness, mit dem man generische Aufgaben (Mathe, Commonsense, etc.) benchmarken kann. Für juristische Domänen könnten eigene Metriken sinnvoll sein, z. B. ob ein bestimmter Fachbegriff in der Antwort vorkommt oder ob ein korrekter Paragraf zitiert wird. Auch ROUGE-Scores (Vergleich mit Referenztext) könnten bei langen Zusammenfassungen zum Einsatz kommen. Diese quantitativen Metriken sind aber immer mit Vorsicht zu genießen – letztlich zählt, dass die Antworten inhaltlich überzeugen.

  • Manuelle Tests (Qualitative Evaluation): In der Regel wird man ein feinjustiertes Modell ausführlich per Hand testen. Bauen Sie hierzu entweder eine einfache Chat-Schnittstelle oder nutzen Sie Python, um das Modell mit typischen Beispielanfragen zu konfrontieren. Szenarien könnten sein: "Welche Steuervorteile bietet § XYZ für Unternehmen?" oder "Fasse dieses Urteil in verständlicher Sprache zusammen." Schauen Sie genau hin, wie das Modell antwortet:

    • Korrektheit: Stimmt der fachliche Gehalt? Nennen sie korrekte Paragraphen, passen die Rechtsgrundlagen? Eine inhaltliche Prüfung durch einen Juristen/Steuerexperten ist hier wichtig.

    • Vollständigkeit: Werden alle Teile der Frage beantwortet? Lässt das Modell eventuell wichtige Aspekte aus?

    • Sprachstil: Formuliert das Modell so, wie Sie es wünschen (z. B. höflich, aber bestimmt; in Kanzlei-üblichem Duktus)? Fine-Tuning kann den Ton und Stil prägen – vergleichen Sie die Outputs mit Ihren Qualitätsstandards.

    • Halluzinationen: Gibt das Modell Dinge an, die nicht in den Daten lagen? Ein häufiges Problem von LLMs ist das Halluzinieren von Fakten. Z. B. erfindet es im Zweifel ein Gesetz, das gar nicht existiert, wenn es eine Frage nicht beantworten kann. Achten Sie auf solche Fälle. Falls sie auftreten, sollten entweder die Prompts angepasst werden (dass das Modell "weiß", wenn es keine Info hat) oder mehr Trainingsdaten für diese Fälle eingespeist werden. Möglicherweise hilft auch ein Retrieval-Modul in der Endanwendung (hybrider Ansatz: Modell + Datenbanksuche), um aktuelle Fakten zu liefern, anstatt sie halluciniert zu bekommen.

  • Feedback-Schleifen: In einem Kanzlei-/Beratungsumfeld bietet es sich an, nach dem Modell-Feintuning einen Testlauf im kleinen Kreis zu machen. Lassen Sie etwa einige Mitarbeiter typische Fragen an das System stellen und die Antworten bewerten. So erhalten Sie Feedback aus Anwendersicht. Dieses Feedback kann genutzt werden, um das Modell weiter zu verbessern – sei es durch Feintuning einer zweiten Runde mit korrigierten/bevorzugten Antworten (eine Art Domain-RLHF mit eigenen Daten), sei es durch Feinjustierung der Prompt-Vorlagen.

  • Überprüfung auf Ausreißer: Testen Sie auch Eingaben, die tricky sind: sehr lange Eingaben, mehrdeutige Fragen, Fälle, die außerhalb des Trainingsdistributions liegen. Das zeigt, wo die Grenzen des Modells aktuell sind. Vielleicht meistert es Standardfragen, scheitert aber an Nischenthemen – dann wissen Sie, wo noch Trainingsdaten fehlen.

  • Validierung im Vergleich zu Baseline: Es kann sinnvoll sein, einige Queries sowohl vom feinjustierten Modell als auch vom ursprünglichen Basismodell (oder einem generischen Modell wie GPT-4, falls zugänglich) beantworten zu lassen. So sehen Sie direkt, wo sich das Fine-Tuning bezahlt macht. Idealerweise erkennen Sie, dass das feinjustierte Modell z. B. fachterminologisch korrekter oder schneller auf den Punkt ist. Wenn nicht, muss man analysieren, ob evtl. das Fine-Tuning schiefgelaufen ist oder die Daten nicht ausreichend waren.

Zum Abschluss der Evaluierung sollten Sie ein Go/No-Go für die Deployment-Phase treffen. Wenn das Modell noch nicht zufriedenstellend ist, iterieren Sie: Überarbeiten Sie die Daten, justieren Sie Hyperparameter oder ergänzen Sie neue Trainingsbeispiele in den Bereichen, wo es noch hapert. Fine-Tuning ist oft ein experimenteller Prozess – kleine Änderungen können große Unterschiede machen. Beispielsweise kann bereits das Hinzufügen von 50 zusätzlichen hochwertigen Q&A-Paaren zu einem bestimmten Steuerfall die Modellleistung dort merklich verbessern. Auch Catastrophic Forgetting ist im Auge zu behalten: Hat das Modell durch das Fine-Tuning eventuell allgemeines Sprachwissen verlernt? (Ein Anzeichen wäre, wenn es plötzlich auf einfache Alltagsfragen schlechter reagiert als vorher.) Dies wäre unerwünscht, insbesondere wenn das Modell vielseitig bleiben soll. In solchen Fällen war das Fine-Tuning möglicherweise zu intensiv – dann könnte PEFT (LoRA) stattdessen genutzt werden oder weniger Epochentraining. Generell zeigen Erfahrungen, dass ein moderat feinjustiertes Modell seine Allgemeinbildung behält, solange die Domain-Daten nicht völlig überhandnehmen oder fehlerhaft sind.

Inferenz und Integration in Produktivsysteme

Ist das Modell erfolgreich feinjustiert und validiert, geht es an die Nutzung in der Praxis. Dabei stellen sich zwei Hauptfragen: Wie führen wir Inferenz effizient durch? und Wie binden wir das Modell in unsere bestehenden Systeme ein?

Model Deployment (Inference): Fine-Tuning erzeugt entweder ein komplett neues Modellsnapshot (bei Voll-Finetuning) oder – im Falle von LoRA/QLoRA – Adapter-Gewichte, die gemeinsam mit dem ursprünglichen Basismodell verwendet werden. Unsloth erlaubt es, das feinjustierte Modell samt Tokenizer abzuspeichern. Bei LoRA-Ansatz werden meist nur die Adapter gespeichert (oft wenige hundert MB), die dann zur Laufzeit auf das Basismodell aufgeladen werden. Überlegen Sie, wie Sie das Modell servieren möchten:

  • Für lokale Inferenz auf einem Server mit GPU bietet es sich an, direkt PyTorch/Transformers zu nutzen. Hier kann man das Modell entweder in einer persistierenden Anwendung (z. B. als API-Dienst mit FastAPI/Flask) laden oder interaktiv über ein Notebook/UI zur Verfügung stellen. Unsloth selbst hat für die Inferenz eine nützliche Funktion: FastLanguageModel.for_inference(model) schaltet intern auf einen schnelleren Inferenzmodus (optimiert einige Einstellungen für zügige Berechnung). Diese sollte man vor dem eigentlichen Generieren aufrufen. Dann kann man mit dem üblichen .generate()-Aufruf Texte produzieren. Denken Sie daran, beim Prompting in Produktion die gleiche Struktur zu verwenden, die im Training genutzt wurde (z. B. wieder "Frage: ... Antwort:" vorgeben, damit das Modell weiß, wie es antworten soll).

Ein Beispiel für einen Inferenzaufruf in Code:

from transformers import AutoTokenizer
tokenizer = AutoTokenizer.from_pretrained(model_name)
prompt = "### Frage: Welche Voraussetzungen gelten für die Kleinunternehmerregelung?\n### Antwort:"
inputs = tokenizer(prompt, return_tensors='pt').to(device)
outputs = model.generate(**inputs, max_new_tokens=200)
print(tokenizer.decode(outputs[0]))

Hier wird zunächst der Prompt so weit gegeben, bis das Modell mit der eigentlichen Antwort fortsetzen soll (nach "Antwort:"). Anschließend wird tokenisiert, durch das Modell generiert und dekodiert. Das Resultat wäre eine vom Modell vervollständigte Antwort. In Tests hat unser Beispielmodell (trainiert auf Reim-Antworten) tatsächlich gereimte Ausgaben produziert – in Ihrem Fall sollten es natürlich korrekte juristische bzw. steuerliche Erläuterungen sein.

  • Alternative Inferenzlösungen: Je nach Anforderungen können weitere Tools sinnvoll sein. Ollama oder vLLM sind spezialisierte Laufzeitumgebungen für LLMs, die effizienteres Serving ermöglichen. Unsloth kann feinjustierte Modelle direkt nach GGUF (für llama.cpp), VLLM oder Ollama exportieren. GGUF beispielsweise erlaubt es, das Modell quantisiert auf CPU-Maschinen laufen zu lassen – etwa für kleine On-Prem-Services ohne GPU. VLLM ist ein hochperformanter Model-Server, der durch speziellen Cache bei der Generierung und paralleles Handling vieler Anfragen besticht. Wenn Sie planen, das Modell in einer Webanwendung mit vielen Nutzern bereitzustellen, lohnt der Einsatz solcher Tools, um Latenzen zu minimieren und Hardware optimal zu nutzen.

  • Cloud-Integration: Falls On-Premises-Betrieb nicht möglich ist, können Sie auf Cloud-Angebote zurückgreifen. AWS bietet mit Bedrock oder eigenem Sagemaker-Serving Optionen, eigene Modelle zu deployen. Microsofts Azure erlaubt mit der `azureml`-Integration ebenfalls das Hosten von benutzerdefinierten Modellen. Achten Sie aber gerade im Rechtsbereich genau auf die Region der Datenverarbeitung und darauf, dass kein Trainingstelemetrie nach außen gegeben wird (ein Vorteil eigener Modelle: im Gegensatz zu API-Services wie ChatGPT Enterprise verlassen die Daten den eigenen Bereich nicht). Einige Firmen entscheiden sich bewusst dafür, keine Cloud zu nutzen, um volle Datenkontrolle zu behalten – lokale Deployment bietet hier maximale Datensouveränität. Auf der anderen Seite nehmen Cloud-Lösungen einem viel Verwaltungsaufwand ab (Skalierung, Patches, Monitoring). In jedem Fall sollte der Aspekt Vertraulichkeit vs. Convenience abgewogen werden.

Integration in bestehende Systeme: Nun haben Sie einen laufenden Model-Endpunkt – wie machen Sie ihn für Anwender nutzbar? Denkbar sind verschiedene Integrationsszenarien:

  • Chatbot für Mandanten oder Mitarbeiter: Z.B. ein internes Tool, in dem Mitarbeiter Fragen stellen können ("Wie behandle ich Fall X steuerlich?") und das Modell antwortet. Hier sollte auf eine leicht bedienbare UI geachtet werden, evtl. mit Möglichkeit, die Antwort als Entwurf in ein Dokument zu übernehmen.

  • Assistenz in Dokumenten-Workflows: Man kann das Modell in Textverarbeitung integrieren, sodass es z. B. beim Verfassen eines Vertrags Klauselvorschläge macht, oder einen Entwurf automatisch auf bestimmte Risiken prüft. API-Schnittstellen ermöglichen es, das Modell in Workflow-Software einzubetten (z. B. Vertragsmanagement-Systeme, DMS in Kanzleien oder Steuerberatungssoftware).

  • Automatisierte Analysen: Denkbar ist auch ein Hintergrundprozess, der z. B. jeden neu eingehenden Fall (Schriftsatz, Bescheid, o. ä.) zusammenfasst und juristisch einordnet. Das Modell könnte hier als Voranalytik-Tool laufen, dessen Output ein Mitarbeiter weiterverwendet.

  • Ensembles mit Retrieval: Falls absolute Genauigkeit gefordert ist, kombiniert man das fine-getunte Modell mit einem Informationsabruf. Beispielsweise könnte bei einer Frage zunächst eine Suche in einer Urteilsdatenbank laufen und die relevantesten Texte dem Modell als Kontext mitgegeben werden (Retrieval-Augmented Generation). Fine-Tuning und RAG können sich ergänzen – Fine-Tuning gibt dem Modell die Fähigkeit, formgerecht und abteilungsspezifisch zu antworten, während RAG aktuelle Fakten liefert.

Bei der Integration sollten Sie ferner an Monitoring und Wartung denken: Setzen Sie Logging ein, um zu verfolgen, welche Fragen gestellt werden und wo das Modell evtl. gestolpert ist. Gerade in sensiblen Bereichen ist es klug, wenn das System Rückmeldungen ermöglicht ("War die Antwort hilfreich?") – so sammeln Sie Daten für kontinuierliche Verbesserung. Fine-Tuning ist kein einmaliger Akt, sondern ein iterativer Prozess. Neue Gesetzesänderungen 2024/2025 können z. B. Anlass sein, das Modell mit aktualisierten Daten nachzutrainieren. Achten Sie auch auf die Modellversionierung: dokumentieren Sie, welche Daten und Parameter in welcher Version des Modells stecken. So behalten Sie die Kontrolle und Nachvollziehbarkeit, was auch aus Compliance-Sicht relevant sein kann.

Zusammengefasst: Die Inferenzphase bringt eigene Herausforderungen, aber dank Tools wie Unsloth, die nahtlos in PyTorch integrieren, lässt sich ein fine-getuntes Modell relativ unkompliziert in Betrieb nehmen. Die größte Arbeit steckt meist in der Vorbereitung (Daten, Training, Testing) – die Integration ins Produktivsystem kann dann, mit guter Planung, erfreulich schnell gehen. Natürlich sollten sämtliche Ausgaben des Modells, vor allem zu Beginn, mit Vorsicht behandelt werden: im Zweifelsfall muss ein menschlicher Profi gegenlesen, bevor Inhalte direkt zum Mandanten gehen. Doch bei richtigem Einsatz werden die fine-getunten KI-Modelle die Fachkräfte entlasten und Routinearbeiten beschleunigen, während kritische Einschätzungen weiterhin beim Menschen bleiben.

Für Entscheider

Potenzial von Fine-Tuned-Modellen für Steuerberatung und Anwaltskanzleien

Branchenspezifisch trainierte KI-Modelle bieten gerade in wissensintensiven Feldern wie Recht und Steuern enorme Chancen. Ein generisches Modell (wie GPT-4 oder Llama out-of-the-box) mag zwar schon beeindruckende Antworten liefern, stößt aber an Grenzen, wenn es um tiefes Expertenwissen, firmenspezifische Konventionen oder lokalisiertes Fachvokabular geht. Hier kann ein mittels Fine-Tuning spezialisiertes Modell glänzen. Einige konkrete Anwendungsfelder:

  • Automatisierte Dokumentenanalyse: Ein feinjustiertes Modell kann Verträge, Urteile oder Steuerbescheide rasch analysieren. Es erkennt z. B. in Verträgen Schlüsselpassagen und Risiken erheblich schneller als ein Mensch, indem es auf das trainierte Wissen zurückgreift. Für Anwaltskanzleien bedeutet das: Routineprüfungen von Verträgen oder AGB lassen sich teilweise automatisieren – das Modell hebt ungewöhnliche Klauseln oder fehlende Bestandteile hervor. In der Steuerberatung könnte ein Modell eingehende Finanzamts-Schreiben oder Gesetzesänderungen automatisch zusammenfassen und bewerten.

  • Rechts- und Steuerauskünfte auf Abruf: Mandanten stellen häufig wiederkehrende Fragen, etwa "Welche Frist gilt für Einspruch X?" oder "Unter welche Einkunftsart fällt Y?". Ein spezialisiertes Modell kann solche Fragen in Sekunden beantworten, basierend auf dem erlernten Expertenwissen. Anders als generische Chatbots, die eventuell halluzinieren oder unsicher wirken, kann ein feinjustiertes Modell präzise und mit Verweisen auf Normen antworten – weil es genau auf solche Q&As trainiert wurde. Dies kann intern als Assistenz für Mitarbeiter dienen (schnelle Zweitmeinung einholen) oder perspektivisch als Service dem Mandanten direkt (z. B. in Form eines KI-gestützten FAQ-Portals).

  • Mandantenkommunikation und Dokumentenerstellung: Die Modelle können genutzt werden, um Schriftstücke zu verfassen – von Beratungs-E-Mails über Memo-Entwürfe bis hin zu Vertragsentwürfen. Fine-Tuning sorgt dafür, dass dabei der Hauston getroffen wird. Beispielsweise könnte eine Steuerkanzlei ihr Modell so abstimmen, dass Schreiben an Mandanten immer eine laienverständliche Erklärung enthalten, gefolgt von der präzisen Angabe der Paragraphen. Für Kanzleien lässt sich das Modell so trainieren, dass etwa Klageschriften oder Zusammenfassungen immer einem bestimmten Gliederungsschema folgen, das in der Kanzlei üblich ist. Das beschleunigt die Dokumentenerstellung erheblich – Anwälte müssen die Rohentwürfe nur noch prüfen und feinjustieren, statt jedes Mal von Null zu beginnen.

  • Recherche und Wissensmanagement: Fine-Tuned LLMs können helfen, juristische Recherchen zu beschleunigen. Ein Modell, das auf der Fallhistorie einer Kanzlei und relevanten Urteilen trainiert wurde, kann bei einer neuen Problemstellung ähnliche Fälle auswerfen oder zumindest sagen, welche Gesetze/Urteile höchstwahrscheinlich relevant sind. In einer Steuerberatung könnte das Modell bei komplexen Sachverhalten (z. B. internationalem Steuerrecht) unterstützend heranziehen, welche Doppelbesteuerungsabkommen oder Verwaltungsvorschriften einschlägig sein könnten – und zwar priorisiert nach Relevanz für den konkreten Fall. Das ist mehr als nur eine Stichwortsuche: das Modell entwickelt ein Verständnis dafür, was in einem bestimmten Kontext wichtig ist.

  • Spezialfälle und Nischenwissen: In großen Kanzleien gibt es hochspezialisierte Gebiete – etwa Patentrecht, Umweltrecht oder im Steuerbereich z. B. Internationales Steuerrecht, Erbschaftsteuer etc. Fine-Tuning erlaubt es, für solche Nischengebiete eigene Modelle zu erstellen. Ein generischer Ansatz würde hier häufig scheitern oder nur oberflächliche Antworten geben. Ein feinjustiertes Modell auf Patentjurisprudenz hingegen kennt die einschlägigen Begriffe, Zitationen und Denkweisen in diesem Feld. Für die Kanzlei bedeutet das: Sie kann in jedem Rechtsgebiet einen digitalen Assistenten haben, der genau auf dieses Gebiet zugeschnitten ist, ohne Ballast oder Lücken. Gerade neue Mitarbeiter könnten enorm davon profitieren, da sie auf das Wissensgedächtnis der Firma zurückgreifen können.

  • E-Discovery und Due Diligence: Bei der Durchsicht großer Dokumentenmengen – etwa in Litigation (Discovery-Prozess in den USA) oder bei Unternehmensprüfungen – kann ein Feinabgestimmtes Modell bestimmten Anhaltspunkten suchen. So ließe sich ein Modell darauf trainieren, in E-Mails Anzeichen von bestimmtem Fehlverhalten zu erkennen (z. B. Kodiersprache für Korruption), oder in Vertragsarchiven abweichende Klauselversionen herauszufiltern. Das Modell kann hier als vorbereitender Filter dienen, der dem menschlichen Team viel Vorarbeit abnimmt, indem es irrelevante Dokumente aussondiert und potenzielle Risikodokumente flaggt.

Zusammengefasst bieten feinjustierte KI-Modelle das Potenzial, Fachwissen skalierbar zu machen. Routineaufgaben, die bislang viel Zeit gebunden haben (Lesen, Zusammenfassen, Standardauskünfte geben), können teil-automatisiert werden. Die Fachkräfte können sich auf komplexere Aufgaben konzentrieren, während die KI-Zuarbeit leistet. Wichtig ist jedoch, klar zu verstehen: Das Modell ist ein Werkzeug, kein Ersatz für den Experten. In sensiblen Bereichen sollte immer ein Mensch die finale Kontrolle haben. Aber als zuständiger Assistent im Hintergrund kann ein spezialisiertes LLM die Effizienz enorm steigern und neue Service-Angebote ermöglichen (etwa 24/7 Auskunftssysteme für Mandanten).

Vorteile gegenüber generischen vortrainierten Modellen

Warum sollte man überhaupt ein eigenes Modell feinjustieren, wenn es doch bereits große vortrainierte Modelle gibt, die "alles Mögliche" können? Die Antwort liegt in den gezielten Vorteilen eines Fine-Tuned-Modells gegenüber dem generischen Ansatz:

  • Fachliche Tiefe und Genauigkeit: Ein generisches Modell kennt von allem etwas, aber oft nicht die speziellen Feinheiten. Durch Fine-Tuning mit domänenspezifischen Daten erreicht das Modell eine fachliche Tiefe, die generische Modelle übertrifft. Beispielsweise kann ein feinjustiertes Modell für Steuerrecht besser zwischen ähnlichen Begriffen unterscheiden (etwa "Betriebsausgabe" vs. "Werbungskosten") und präzisere Auskünfte geben. Tests zeigen oft, dass ein kleineres, spezialisiertes Modell auf seinem Gebiet höhere Genauigkeit erreicht als ein viel größeres, aber generisches Modell. So berichtet TrueLaw, dass firmeneigene Fine-Tunes generalistische Modelle übertreffen und der Kanzlei ein proprietärer Wissensvorsprung entsteht.

  • Maßgeschneiderte Outputs (Format & Stil): Fine-Tuning ermöglicht es, die Ausgabeform genau zu steuern. Sie können Ihr Modell so trainieren, dass es Antworten in gewünschter Form liefert – sei es eine bestimmte Gutachtenstruktur, eine höfliche Anrede im Briefstil oder ein tabellarisches Auflisten von Prüfschritten. Generische Modelle sind da unberechenbarer: Mal geben sie Listen, mal Fließtext, mal zu viel, mal zu wenig. Das feinjustierte Modell hingegen "weiß", was erwartet wird, weil es dies aus den Beispielen gelernt hat. Für die Praxis bedeutet das konsistentere und damit effizienter weiterverwendbare Ergebnisse. Mitarbeiter müssen weniger nachformatieren oder anpassen.

  • Einbindung von firmenspezifischem Know-how: Jedes Unternehmen hat seine eigenen Prozesse, bevorzugten Formulierungen und Lessons Learned. Ein vortrainiertes Modell kennt diese internen Informationen nicht. Durch Fine-Tuning wird aber genau dieses proprietäre Wissen im Modell verankert. Beispiel: Eine Anwaltskanzlei hat in vergangenen Fällen bestimmte Argumentationslinien entwickelt, die besonders erfolgreich waren. Diese lassen sich als Trainingsdaten nutzen – und fortan schlägt das Modell in ähnlichen neuen Fällen genau diese erprobten Strategien vor. So entsteht ein firmeneigener Wettbewerbsvorteil, da Ihr Modell Dinge leistet, die kein Public-Modell ab Werk kann. Ihr feinjustiertes Modell wird zu einem einzigartigen Asset, vergleichbar mit einer firmeninternen Wissensdatenbank, nur dass es das Wissen anwendbar macht.

  • Datensouveränität und Sicherheit: Ein großer Pluspunkt ist, dass Sie mit einem eigenen Modell die volle Kontrolle über die Daten behalten. Bei der Nutzung externer API-Modelle (sei es GPT-4 oder ein Cloud-Dienst) müssen selbst bei Enterprise-Angeboten immer gewisse vertrauliche Informationen die eigene Infrastruktur verlassen. Mit einem In-House feinjustierten Modell vermeiden Sie dieses Risiko vollständig – Anfragen und Antworten bleiben innerhalb Ihrer Systeme. Gerade in Kanzleien mit strengen Verschwiegenheitspflichten oder im Steuerbereich, wo Mandantendaten hochsensibel sind, ist das ein unschätzbarer Vorteil. Zudem minimieren Sie Abhängigkeiten von Drittanbietern (kein "Lock-in").

  • Performance und Kostenoptimierung: Fine-Tuning kann es erlauben, kleinere Modelle so zu spezialisieren, dass sie große generische Modelle im jeweiligen Use-Case übertreffen. Statt also dauerhaft z. B. ein 70B-Modell nutzen zu müssen, könnte ein feinjustiertes 7B-Modell dieselbe Aufgabe lösen – mit Bruchteil der Rechenkosten (und häufig auch schneller). Für laufende Inferenz ist das ein handfester Vorteil: geringerer Hardwarebedarf bedeutet, entweder es reicht ein kleinerer Server, oder man kann mehr Anfragen parallel bedienen. Auch vs. API-Kosten: Während GPT-Modelle pro Anfrage abgerechnet werden, verursacht ein eigenes Modell primär Fixkosten (für Hardware und einmaliges Training). Bei hohem Anfragevolumen kann das deutlich wirtschaftlicher sein. Zudem haben Sie die Möglichkeit, das Modell offline zu betreiben, was insbesondere dann relevant wird, wenn Sie es massiv oder on the edge (z. B. in einer Appliance beim Kunden vor Ort) einsetzen wollen.

  • Schnellere Anpassung an Änderungen: Die Rechtslage oder Steuergesetze ändern sich laufend. Anstatt auf das nächste Update eines externen Modells warten zu müssen, können Sie Ihr Modell gezielt mit neuen Daten füttern und zeitnah aktualisieren. Das gibt strategische Flexibilität. Sollte bspw. ein neues Urteil vom BGH erscheinen, das für viele Mandanten relevant ist, könnten Sie Ihr Modell noch am selben Tag mit einer Zusammenfassung dieses Urteils nachtrainieren und es so up-to-date halten – ein generisches Modell kennt dieses Urteil evtl. für Monate nicht.

Natürlich sind auch generische Modelle nicht tatenlos: Viele neue Foundation Models werden immer größer und besser. Doch das Fine-Tuning stellt sicher, dass Ihr Modell immer einen Schritt voraus ist, wenn es um Ihre Nische geht. Dieser Vorsprung kann in Beratung und Kanzlei der entscheidende Unterschied sein, ob der Mandant die Infos in 2 Minuten oder 2 Stunden bekommt, ob Fehler vermieden werden oder ob Ihre Dienste herausstechen. Die Kombination aus Schnelligkeit, Genauigkeit und Kontrolle macht Fine-Tuning so wertvoll.

Wirtschaftliche und strategische Überlegungen (IP-Schutz, Datensouveränität)

Die Einführung eines feinjustierten KI-Modells ist nicht nur ein technisches Projekt, sondern auch eine strategische Entscheidung. Es lohnt sich, die wirtschaftlichen Implikationen und die langfristige Ausrichtung zu beleuchten:

  • Eigentumsrechte und IP-Schutz: Ein Modell, das Sie mit Ihren eigenen Daten und Ihrem Know-how trainiert haben, wird gewissermaßen Teil Ihres geistigen Eigentums. Selbst wenn das Basismodell offen lizenziert ist, stellt das Fein-Tuning mit Ihren proprietären Daten eine wertvolle Wissensressource dar, die nur Ihrer Organisation zur Verfügung steht. TrueLaw beschreibt es treffend: Fine-Tuning schafft proprietäre KI-IP, die generische Modelle übertrifft und der Kanzlei einen Wettbewerbsvorteil sichert. Daher sollte das Modell auch als solches Asset behandelt werden – mit Schutzmaßnahmen, Dokumentation und ggf. Geheimhaltung. Überlegen Sie, ob Sie die Fein-Tuning-Daten und das resultierende Modell patentieren oder als Geschäftsgeheimnis deklarieren können. Zwar lassen sich ML-Modelle an sich schwer schützen, aber der Vorsprung, den Sie durch Ihr internes Modell haben, kann Teil Ihrer Unique Selling Proposition werden.

  • Investitionskosten vs. laufende Kosten: Die Entwicklung eines feinjustierten Modells erfordert zunächst eine Investition – in Arbeitszeit (Datenaufbereitung, Experimente), ggf. in Hardware (GPUs) oder externe Expertise. Diese Kosten fallen aber größtenteils einmalig an. Die laufenden Kosten für den Betrieb eines eigenen Modells können durchaus geringer sein als z. B. fortlaufende API-Calls bei einem kommerziellen Modell. Es lohnt sich, eine Kosten-Nutzen-Rechnung aufzumachen: Wenn Ihr Team heute manuell pro Woche X Stunden für Routineaufgaben aufwendet, was kostet diese Arbeitszeit vs. was kostet die Implementierung der KI-Lösung? Viele Fine-Tuning-Projekte amortisieren sich schnell, wenn sie gut geplant sind. Außerdem sind die Kosten planbar und skalierbar: Sie können entscheiden, wie viel Rechenleistung Sie bereitstellen, während bei externer API-Nutzung Preise und Limits vom Anbieter diktiert werden. Ein weiterer Aspekt: Sollten Sie das Modell in Zukunft auch kommerziell einsetzen wollen (etwa als Teil eines Produkts, das Sie Mandanten anbieten), entfallen Lizenzzahlungen, die bei Nutzung mancher fremder Modelle nötig wären.

  • Datensouveränität und Compliance-Vorteile: Wie bereits erwähnt, behalten Sie bei einem In-house-Modell die volle Datenkontrolle. Dies hat nicht nur sicherheitstechnische, sondern auch regulatorische Vorteile. In der EU etwa werden strenge Anforderungen an internationale Datentransfers gestellt – mit einem eigenen Modell vermeiden Sie, dass z. B. personenbezogene Daten an US-Server von OpenAI & Co. übertragen werden. Das kann ein Compliance-Pluspunkt sein, gerade gegenüber datenschutzsensiblen Mandanten. Sollte künftig der EU AI Act in Kraft treten (der KI-Anwendungen reguliert), ist es u. U. einfacher, ein selbst betriebenes System konform zu halten, da Sie die Transparenz und Nachvollziehbarkeit über die Trainingsdaten haben. Sie können auf Anfrage darlegen, welche Daten einflossen, und ggf. sogar das Modell entsprechend justieren. Bei einem Third-Party-Modell wäre das nicht möglich.

  • Strategische Unabhängigkeit: Die Big Player im KI-Bereich (OpenAI, Google, etc.) entwickeln sich rasant. Wenn Sie voll auf deren Lösungen setzen, machen Sie sich ein Stück weit abhängig von deren Roadmap und Preispolitik. Ein eigener Fine-Tune gibt Ihnen hingegen Unabhängigkeit. Sie können das Basismodell wechseln, wann Sie wollen (z. B. auf eine neue Open-Source-Generation springen und Ihr Domain-Wissen erneut feinjustieren). Es entsteht firmeninternes ML-Know-how, das Ihnen erlaubt, flexibler auf Veränderungen zu reagieren. Das kann in der Summe ein Wettbewerbsvorteil sein – während andere noch zögern, ob Modell X oder Y besser ist, haben Sie Ihr eigenes, das genau für Sie passt. Außerdem: Sollte es je Probleme mit einem Dienst geben (z. B. Downtime eines API-Modells oder Änderung der Nutzungsbedingungen), sind Sie mit eigenem Modell resilient dagegen.

  • Skalierbarkeit und Nutzenmaximierung: Ein eigenes Modell können Sie skalieren, wie es Ihren Bedürfnissen entspricht. Brauchen Sie es auf 5 Anwalts-Notebooks installiert? – Kein Problem via GGUF-Export. Wollen Sie es einer Partnerkanzlei temporär zur Verfügung stellen? – Möglich, wenn die Lizenz des Basismodells es hergibt, oder indem Sie einen sicheren Zugang einrichten. Sie kontrollieren die Verteilung und können so den Nutzen maximieren, den Sie aus dem Modell ziehen. Unter Umständen ergeben sich sogar neue Geschäftsmodelle: Einige Kanzleien denken darüber nach, ihre KI-Tools (etwa für Vertragsprüfung) als Service an Mandanten zu geben. Mit einem eigenen Fine-Tuned-Modell hätten Sie hier alle Fäden in der Hand – inklusive der Möglichkeit, Mandanten-spezifische Sub-Finetunes anzubieten (z. B. ein Modell, das auf Mandant X's Vertragsarchiv spezialisiert ist). Das wäre mit externen Modellen kaum realisierbar oder würde massive Verträge erfordern.

  • Wettbewerbsfähigkeit und Mandantenakquise: In einem Markt, der zunehmend von Effizienz und Technikeinsatz geprägt ist, kann der Einsatz von KI ein Marketingargument sein. Wenn Sie nach außen kommunizieren können, dass Sie ein eigenes KI-Modell einsetzen, das z. B. Vertragsanalysen schneller und gründlicher durchführt, kann das für Mandanten attraktiv sein. Natürlich muss man vorsichtig sein, keine überzogenen Erwartungen zu wecken – aber viele Klienten schätzen es, wenn ihre Kanzlei moderne Tools nutzt (sofern Datenschutz gewahrt bleibt). Die Markenwirkung eines solchen Pionierprojekts ist nicht zu unterschätzen. In einigen Fällen werden Mandanten auch gezielt fragen, ob und wie KI bei der Bearbeitung eingesetzt wird – da ist es gut, eine souveräne Antwort parat zu haben (idealerweise: Ja, wir nutzen unsere eigene KI unter voller Kontrolle, die wir mit unseren Qualitätsstandards trainiert haben).

Zusammenfassend sollte Fine-Tuning auch aus Management-Sicht nicht nur als IT-Spielerei, sondern als Investition in ein strategisches Asset gesehen werden. Es vereint Vorteile in IP-Schutz, Flexibilität, Kostenkontrolle und Qualität. Dennoch: Planen Sie genügend Ressourcen für die Pflege dieses Assets ein – wie bei jedem Wissenssystem muss es aktualisiert und verbessert werden. Sehen Sie es vielleicht analog zu einem Junior-Juristen, den Sie ausbilden: Anfangs braucht es etwas Einsatz, aber später entlastet er die Senior-Anwälte enorm. Und je besser Sie ihn ausbilden, desto wertvoller wird er für die Organisation.

Risiken und Herausforderungen (regulatorische Aspekte, Qualitätssicherung)

Trotz aller Vorteile darf man die Risiken und Herausforderungen eines Fine-Tuning-Projekts nicht aus den Augen verlieren. Einige wichtige Punkte sind:

  • Regulatorische Unsicherheit: Der rechtliche Rahmen für KI entwickelt sich noch. Heute ist der Einsatz eines Sprachmodells in einer Kanzlei weitgehend zulässig, solange Mandantenschutz und Datenschutz gewahrt sind. Doch es zeichnen sich Regulierungen ab (Stichwort EU AI Act), die bestimmte Anwendungen als "Hoch-Risiko" einstufen könnten. Etwa wenn ein Modell für rechtliche Beratung eingesetzt wird, könnten zusätzliche Auflagen in Kraft treten (Transparenzpflichten, Risikobewertungen etc.). Auch Berufsrecht könnte tangiert sein: Darf eine "Maschine" juristische Ratschläge erteilen? Wahrscheinlich nur unter Aufsicht eines Volljuristen. Diese Punkte sind bislang Grauzonen, aber Sie sollten sie im Blick behalten. Eine mögliche Strategie ist, von Anfang an selbstregulatorische Maßnahmen zu ergreifen: Dokumentieren Sie, wie das Modell trainiert wurde (für Nachvollziehbarkeit), implementieren Sie Safeguards (z. B. das Modell antwortet mit einem Disclaimer, wenn es unsicher ist), und schulen Sie Mitarbeiter im korrekten Umgang damit (keine blindes Vertrauen, sondern als Zuarbeiter nutzen). So sind Sie besser vorbereitet, falls offizielle Stellen Anforderungen stellen.

  • Datenqualität und Bias: Wie bereits besprochen, ist schlechte Trainingsqualität die größte Gefahr. Wenn im Training falsche Lösungen standen, wird das Modell falsche Lösungen liefern. Zudem können Biases (Voreingenommenheiten) verstärkt werden. Beispiel: Wurden hauptsächlich Fälle aus einem bestimmten Rechtskreis trainiert, könnte das Modell bei international gelagerten Fällen schlechter abschneiden oder unangemessene Annahmen treffen. Bias kann auch subtil sein – etwa wenn das Modell aufgrund der Daten Frauen immer in einer bestimmten Rolle sieht oder bei Steuerthemen implizit von bestimmten Familienmodellen ausgeht. Solche Verzerrungen sind schwer zu erkennen, daher müssen die Trainingsdaten möglichst vielfältig und repräsentativ sein. Eine regelmäßige Bias-Prüfung des Modells (z. B. mit Testfragen, die unterschiedliche demografische Gruppen betreffen) ist sinnvoll, um etwaige Tendenzen aufzudecken. Denken Sie daran: Sollte das Modell einmal in einem sensiblen Kontext eine diskriminierende oder faktisch grob falsche Antwort geben, könnte das nicht nur dem Mandat schaden, sondern auch reputationsschädigend für Ihre Kanzlei sein. Qualitätssicherung muss daher kontinuierlich stattfinden, nicht nur einmalig vor dem Go-Live.

  • Halluzinationen und Fehlwissen: Sprachmodelle neigen dazu, auch dann selbstbewusst Antworten zu generieren, wenn sie etwas nicht genau wissen. Ein frisch feinjustiertes Modell mag super auf bekannte Muster reagieren, aber sobald es eine Frage bekommt, die knapp außerhalb seines gelernten Wissens liegt, besteht die Gefahr, dass es etwas plausibel Klingendes erfindet. In rechtlichen Kontext kann das fatal sein – man stelle sich vor, das Modell zitiert ein nicht-existentes Urteil oder einen falschen Paragraphen, um souverän zu wirken. Daher muss man Mechanismen entwickeln, um Halluzinationen abzufangen. Möglichkeiten: Das Modell darauf trainieren, bei Unsicherheit lieber "weiß nicht" zu sagen (was allerdings schwer durchzusetzen ist, weil LLMs immer irgendwas sagen wollen), oder nachgelagerte Plausibilitätschecks (z. B. eine zweite Komponente, die prüft, ob zitiertes Urteil tatsächlich existiert). Ein pragmatischer Weg ist, dem nutzenden Juristen/Steuerberater klar zu machen, dass das KI-Tool kein Wahrheitsorakel ist. Es liefert Entwürfe, die immer gegengeprüft werden müssen. Mit der Zeit kann man das Vertrauen steigern, aber gerade anfangs sollte jede KI-Antwort als Entwurf und nicht als Endergebnis gesehen werden.

  • Overfitting und Modellgrenzen: Eine technische Herausforderung ist das richtige Maß an Fine-Tuning. Overfitting bedeutet, dass das Modell die Trainingsbeispiele auswendig gelernt hat und wenig verallgemeinert. Dann beantwortet es zwar bekannte Fragen perfekt (eventuell sogar exakt mit dem im Training gesehenen Wortlaut), versagt aber bei neuen Fragen. Dies wäre natürlich kontraproduktiv – das Modell soll ja generalisieren, nicht nur Altwissen rezitieren. Um Overfitting zu vermeiden, sollte das Training mit Fingerspitzengefühl erfolgen (siehe Entwicklerteil: nur wenige Epochen, Monitoring, Validierung mit neuen Fragen). Außerdem sollte das Training möglichst divers sein; wenn das Modell 100 mal denselben Paragraphen gesehen hat, glaubt es sonst womöglich, alles sei dieser Paragraph. Trotz aller Vorsicht kann es passieren, dass ein Modell nach dem Fine-Tune gewisse Fähigkeiten einbüßt (sogenanntes Catastrophic Forgetting). Bemerkt man z. B., dass das Modell plötzlich einfaches Smalltalk nicht mehr gut kann, muss man ggf. entgegensteuern – etwa einige allgemeine Daten im Training belassen oder PEFT-Methoden anwenden, die das Grundmodell intakt lassen.

  • Lizenz- und Rechtsfragen beim Basismodell: Ein etwas trockener, aber wichtige Punkt: Stellen Sie sicher, dass das von Ihnen genutzte Basismodell auch kommerziell verwendbar ist und Fine-Tuning darauf zulässig. Viele Open-Source-Modelle haben mittlerweile liberale Lizenzen (Apache 2.0 oder ähnliches), sodass es kein Problem ist, diese im Unternehmen zu nutzen und abgewandelte Versionen (intern) zu betreiben. Meta's Llama 2 etwa ist für kommerzielle Nutzung freigegeben (solange man nicht über 700 Mio monatliche Nutzer hat). Einige andere Modelle könnten Einschränkungen haben. Dies betrifft auch eventuelle Dritt-Daten, die man zum Training nutzt – achten Sie darauf, keine urheberrechtlich problematischen Inhalte einzuspeisen (es sei denn, Ihre Nutzung fällt unter ein Zitatrecht o. ä.). Zwar sind resultierende Modellgewichte nicht einfach extrahierbare Kopien der Trainingsdaten, aber dennoch ist rechtlich hier einiges ungeklärt (Stichwort: Urheberrecht an von KI "gelernten" Werken). Konservative Herangehensweise: Nutzen Sie nur Daten, die Sie nutzen dürfen (eigene oder öffentliche) und Modelle mit passender Lizenz. Dokumentieren Sie dies, um etwaige später aufkommende Fragen beantworten zu können.

  • Akzeptanz und Change Management: Nicht zuletzt ist ein weiches Risiko zu managen: die menschliche Komponente. Die Einführung einer KI, die Teile der Arbeit übernimmt, kann bei Mitarbeitern Verunsicherung auslösen (Jobangst, Ablehnung) oder auch zu Übervertrauen führen ("Die KI wird's schon richtig machen"). Beide Extreme sind ungünstig. Es bedarf also einer guten Kommunikation und Schulung. Machen Sie klar, dass das KI-Modell ein Hilfsmittel ist, um die Qualität und Geschwindigkeit der Arbeit zu steigern, kein Ersatz für menschliches Fachwissen. Zeigen Sie Erfolge auf, aber adressieren Sie auch klar die Grenzen. Fördern Sie eine Kultur, in der Feedback zum KI-Tool gesammelt wird, damit es verbessert werden kann. Wenn Ihre Experten verstehen, dass sie selbst Einfluss auf die KI haben (durch Feedback, durch Liefern guter Trainingsdaten), steigt die Akzeptanz.

  • "Wann lohnt es sich nicht?": Trotz aller Begeisterung für Fine-Tuning gibt es Szenarien, wo es evtl. nicht die beste Option ist. TrueLaw nennt z. B. Fälle, in denen das Basiswissen schon ausreicht oder die Domäne sehr allgemein ist. Wenn Sie feststellen, dass ein generisches Modell 95 % Ihrer Fragen zufriedenstellend beantwortet, müssen Sie abwägen, ob der Aufwand des Fine-Tunings für die restlichen 5 % gerechtfertigt ist. Ebenso, wenn abzusehen ist, dass demnächst ein neues Basismodell erscheint, das Ihre Anforderungen out-of-the-box erfüllt, könnte man strategisch entscheiden, lieber darauf zu warten statt eigenes Tuning zu betreiben. Fine-Tuning ist also kein Selbstzweck – es sollte dort eingesetzt werden, wo klarer Mehrwert besteht (spezielle Expertise, vertrauliche Daten, Formatvorgaben etc.), und das sollte im Vorfeld evaluiert werden. In vielen Fällen wird die Antwort "Ja, es lohnt sich" lauten, aber diese Überlegung gehört zur Due Diligence.

Zum Abschluss: Die Einführung einer KI-Lösung mittels Fine-Tuning ist durchaus herausfordernd, aber mit den richtigen Vorkehrungen beherrschbar. Viele der Risiken – von Halluzination bis Lizenzfragen – lassen sich durch sorgfältige Planung, Tests und Policies mitigieren. Entscheidend ist, dass sowohl die technische als auch die organisatorische Seite eng zusammenarbeiten: Die besten technischen Lösungen nützen wenig, wenn sie nicht ins Arbeitsumfeld passen oder falsch benutzt werden. Umgekehrt kann eine gute Einbindung und Schulung viel ausgleichen, selbst wenn das Modell (noch) nicht perfekt ist.

Fazit: Fine-Tuning von Sprachmodellen bietet für Steuerberater und Juristen die Chance, KI ganz auf die eigenen Bedürfnisse zuzuschneiden. Entwickler bekommen mit Frameworks wie PyTorch/Unsloth leistungsfähige Werkzeuge an die Hand, um diesen Prozess effizient umzusetzen. Entscheider können strategisch profitieren – durch gesteigerte Produktivität, einzigartiges IP und bessere Servicequalität. Wichtig ist, beide Seiten – technische und fachliche – von Beginn an mitzunehmen, um Chancen optimal zu nutzen und Risiken zu minimieren. Mit aktuellem Wissen (Stand 2024/2025) und den hier referenzierten Best Practices sind Sie gut gerüstet, um Ihr eigenes KI-Modell zu einem wertvollen Teammitglied zu machen.

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