4-Tage-Woche – Wunschdenken oder wirklich umsetzbar?
Eine ausgewogene Work-Life-Balance wird zunehmend zu einem entscheidenden Faktor für das Wohlbefinden und die Zufriedenheit von Mitarbeitenden in der IT-Branche. Die traditionelle Fünf-Tage-Arbeitswoche wird dabei immer häufiger hinterfragt und alternative Arbeitszeitmodelle gewinnen an Bedeutung. Ein Modell, das in diesem Zusammenhang besonders viel Aufmerksamkeit erregt, ist die Vier-Tage-Woche. Nicht zuletzt, weil Belgien Ende 2022 für Arbeitskräfte die Möglichkeit zur Vier-Tage-Woche gesetzlich eingeführt hat.
Vier-Tage-Woche – was ist das eigentlich?
Es gibt keine feste Definition einer Vier-Tage-Woche, sondern viele verschiedene Modelle, die auch in verschiedenen Studien oder eigenen Experimenten von Firmen getestet werden. Hier ein kleiner Überblick, über die Modelle, die aktuell viel besprochen werden:
Vier-Tage-Woche mit jeweils 8-Stunden-Tagen: Gleiches Gehalt, weniger Stunden – also von beispielsweise 40 Wochenstunden auf 32 Wochenstunden bei gleichem Lohn
Vier-Tage-Woche mit jeweils 8-Stunden-Tagen: Angepasstes Gehalt, weniger Stunden – also eine Verringerung von 40 Wochenstunden auf 32, das Gehalt reduziert sich aber ebenso, um die acht Stunden.
Vier-Tage-Woche mit jeweils 10-Stunden-Tagen: Gleiches Gehalt, gleiche Wochenstunden – alles bleibt, wie es ist, nur, dass die 40 Wochenstunden nun an 4, statt 5 Tagen erbracht werden können
6-Stunden Tage: Gleiches Gehalt, weniger Stunden – Verringerung der Wochenstunden von 40 auf 30, indem von Montag bis Freitag nur noch 6 Stunden gearbeitet wird, statt 8, bei gleichem Lohn
6-Stunden Tage: Angepasstes Gehalt, weniger Stunden – Verringerung der Wochenstunden von 40 auf 30, durch fünf 6-Stunden-Tage, wobei der Lohn ebenfalls entsprechend reduziert wird
In der Theorie mögen einige dieser Modelle utopisch wirken: Welches Unternehmen sollte seinen Mitarbeitenden denn das gleiche Gehalt für weniger Arbeitszeit zahlen und davon auch noch einen Vorteil haben? Das kann doch nicht funktionieren. Um genau dem nachzugehen, gab es mittlerweile einige Projekte und Studien, die sich intensiver mit diesen alternativen Arbeitsmodellen auseinandergesetzt haben und deren Ergebnisse wir uns näher ansehen wollen. Wenn ihr die Ergebnisse gerne selbst nachlesen wollt, findet ihr unten die entsprechenden Links.
Eine Vier-Tage-Woche steigert das Wohlbefinden
Zunächst einmal schauen wir auf die Pilotstudie aus Großbritannien [1], die momentan in aller Munde ist, da die Ergebnisse kürzlich veröffentlich wurden. Stattgefunden hat sie das zweite Halbjahr 2022 über, wobei 2900 Angestellte aus 61 Unternehmen aus verschiedenen Branchen teilgenommen haben. Hier wurde das Modell der Vier-Tage-Woche mit gleichem Gehalt und weniger Stunden getestet und die zentralen Ergebnisse der Studie sind überaus positiv: Die Krankheitstage der Mitarbeitenden haben sich enorm verringert, nämlich um 65%. 40% der Arbeitenden gaben an, sich weniger gestresst zu fühlen. Im Durchschnitt stieg der Umsatz der Unternehmen sogar um 1,4% an und 56 der 61 Unternehmen wollen die Vier-Tage-Woche auch nach Ende des Pilotprojekts beibehalten.
Islands Weg zu einer kürzeren Arbeitswoche
In Island [2] hat man vier Jahre lang, von 2015 bis 2019, eine Vier-Tage-Woche mit verringerter Stundenzahl bei gleichem Gehalt getestet. Mit dabei waren 2500 Arbeitskräfte, was in dem kaum besiedelten Land über 1% der arbeitenden Gesellschaft ausmacht und damit bisher das weltweit größte Experiment zu diesem Thema ist. Die zentralen Ergebnisse waren ähnlich, wie die in Großbritannien: Eine Verbesserung der Work-Life-Balance sowie der allgemeinen Zufriedenheit der Menschen bei gleichbleibender oder sogar gestiegener Produktivität der Arbeitenden. Als Folge davon arbeiten mittlerweile ca. 86% der isländischen Arbeitskräfte mit verkürzten Arbeitszeiten oder aber in einem Job, der ihnen zukünftig die Möglichkeit dafür geben wird.
Weniger Arbeitsstunden steigern die Produktivität und reduzieren gesundheitliche Beschwerden.
Eine Produktivitätssteigerung bei weniger Arbeitsstunden klingt erstmal, als würde es sich gegenseitig ausschließen, die Hans-Böckler-Stiftung [3] hat aber genau das 2005 untersucht und kam dabei zu dem Ergebnis, dass kürzere Arbeitszeiten eine höhere Produktivität bewirken, weil die Leistungsfähigkeit und Konzentration höher bleiben und somit auch weniger Fehler gemacht werden.
Aber auch eine Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin [4] aus dem Jahr 2009 spricht dafür, die Arbeitsstunden zu verringern. In Befragungen von Arbeitenden aus ganz Europa wurde der Zusammenhang von Arbeitszeiten und gesundheitlichen Beschwerden untersucht. Die zentralen Ergebnisse lassen sich so zusammenfassen: Je länger die Arbeitszeiten, desto höher ist das Risiko für eine gesundheitliche Beeinträchtigung. Dieses Risiko kann sich weiter erhöhen, wenn zu der Arbeitszeit noch ungünstige Bedingungen wie beispielsweise Schichtarbeit, ständige Verfügbarkeit, schlechte Planbarkeit der Arbeit oder hohe körperliche und psychische Belastung hinzukommt. Die häufigsten Symptome dafür waren Nervosität, Schlafstörungen, Magenbeschwerden und psychische Erschöpfung. Alles Erscheinungen, die ernst genommen werden sollten, da sie zu Burnout und Depressionen führen können. Es zeigt sich also, die Reduzierung von Arbeitsstunden wäre für viele Menschen auch in gesundheitlicher Hinsicht sehr positiv.
Zusammenfassend kann man sagen: Von einer Reduzierung der Arbeitsstunden, auch bei gleichem Gehalt, können sowohl Arbeitende als auch Unternehmen profitieren. Durch das Mehr an Freizeit ist es den Menschen möglich, sich an ihrem Wochenende wirklich zu entspannen, da Arzttermine oder Haushaltsaufgaben beispielsweise nachmittags nach der Arbeit oder aber am zusätzlichen freien Werktag erledigt werden können. Dadurch wird der Stress der Einzelnen reduziert, wodurch es zu weniger Krankheitsausfällen kommt, weil beispielsweise wieder ein erholsamer Schlaf möglich ist. Durch das Zusammenspiel dieser Komponenten steigt auch die allgemeine Zufriedenheit, wodurch Arbeitende auch wieder motivierter und produktiver bei der Arbeit sind. Gleichzeitig erfahren sie heutzutage durch die Einführung eines solchen alternativen Arbeitsmodells auch eine Wertschätzung ihrer eigenen Bedürfnisse durch das Unternehmen, was die Loyalität und Arbeitsbereitschaft positiv bekräftigen kann.
Wo gibt´s sowas?
Das klingt alles schön und gut, aber wo werden diese alternativen Arbeitsmodelle denn in der Praxis umgesetzt? In Deutschland gibt es bereits einige Firmen, hauptsächlich aus dem Tech-Bereich, die solche Modelle testen oder eingeführt haben. Erst im Frühjahr 2023 forderte sogar die IG-Metall die Einführung einer Vier-Tage-Woche bei vollem Gehalt.
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Quellen:
[1] Pilotprojekt Großbritannien:
https://phys.org/news/2023-02-four-day-week-boosts-employee-well-being.html
[2] Studie in Island:
https://en.alda.is/wp-content/uploads/2021/07/ICELAND_4DW.pdf
[3] Studie der Hans-Böckler-Stiftung:
https://www.boeckler.de/de/boeckler-impuls-kurze-arbeitszeit-hohe-produktivitaet-9979.htm
[4] Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin:
https://www.baua.de/DE/Angebote/Publikationen/Fokus/artikel20.html
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